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Zusammenfassung der Kommentierung und der

Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. jur. Johannes Münder, Berlin,

 zur

 Verpflichtung des Jugendamtes

nach § 24 Kinder- und Jugendhilfegesetz

„für Kinder im Alter unter drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen Alter ... nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen vorzuhalten.“

 Stand: 13.2.2003

Der Frage wurde insbesondere nachgegangen, zumal die Verwaltung der Stadt Dortmund beabsichtigte, die Plätze in städtischen Horten aufzulösen, die Angebote für Kinder im Schulalter auf Veranstaltungen von und in Schulen zu verlagern und Anmeldungen von Eltern auf einen Hortplatz nicht mehr anzunehmen. Zusätzlich beinhaltet das durch die Koalitionsfraktion in Nordrhein-Westfalen betriebene Konzept der „Offenen Ganztagsschule“ bisher die Perspektive, Horte/Schulkinderhäuser, Plätze in altersgemischten Gruppen für Schulkinder in dieses Konzept zu integrieren, jedoch nicht mehr auszubauen.

 

A.        Grundlagen der Zusammenfassung sind:

1.         Sozialgesetzbuch

1.1              Sozialgesetzbuch I; § 39

1.2              Sozialgesetzbuch VIII, § 24 – Ausgestaltung des Förderungsanspruchs, § 80 Jugendhilfeplanung

2.         Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes 110, 320 nach Münder, Seite 262.

3.         Frankfurter Kommentar zum SGB VII: Kinder- und Jugendhilfe, 4. Auflage, Stand: 1.1.2003, Randziffern 22 ff, Seite 261 ff. (Beltz-Votum, ISBN 3-407-55886-4)

4.         Münder, Prof. Dr. jur. Johannes, Schriftliche Stellungnahme zu einer Anfrage vom 1.10.2002

 

B.        Folgerungskette:

a)      Kinder im Alter unter drei Jahren sowie Kinder im schulpflichtigen Alter haben keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung – wie dies für Kinder im Alter zwischen 3 und dem Beginn der Schulpflicht gilt.
 

b)      Für Kinder in diesem Alter sind jedoch Angebote nach „Bedarf“ vorzuhalten.
 

c)      Diese Verpflichtung ist als objektiv-rechtlich durch den öffentlichen Träger der Jugendhilfe, z.B. das örtliche Jugendamt, zu erfüllen.
 

d)      Zur Erfüllung dieser Verpflichtung muss eine Bedarfsplanung erfolgen.
 

e)      Entsprechend dem Bedarf sind Plätze vorzuhalten.
 

f)       Für jedes Kind, dass einen solchen Platz nachfragt (= Bedarf) müssen entsprechende Plätze zur Verfügung stehen.
 

g)      Bedarfsgerecht ist ein Angebot, dass geeignet ist, die Nachfrage zu befriedigen. (Die Einschätzung, dass das Jugendamt definieren kann, was als Bedarf anerkannt wird, ist nicht durch das Gesetz zu begründen.)
 

h)      Als Bedarf im Rechtssinne ist jedoch nicht die faktische Nachfrage, sondern nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes (siehe oben) unter Berücksichtigung der Wünsche, die Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personenberechtigten anzusehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat keine differenzierte Bedarfskriterien festgelegt, jedoch insbesondere auf die Ziele des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes sowie das verfassungsrechtliche Gebot, Voraussetzungen für Familie- und Berufstätigkeit zu schaffen, verwiesen.
 

i)        Daraus folgt, dass der öffentliche Jugendhilfeträger, um seiner Planungsverantwortung gerecht zu werden, einen Bedarfskriterienkatalog aufstellen muss.
 

j)        Wenn der öffentliche Träger keinen oder einen rechtlich unzulässigen Kriterienkatalog aufstellt, ergibt sich im Umkehrschluss, dass Betroffene einen Anspruch auf den von ihnen gewünschten Platz haben.
 

k)      Betroffene haben im Einzelfall einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung, wenn sie auf die konkreten Umstände aufmerksam machen, die für die Abstimmung von Familien- und Erwerbstätigkeit bedeutsam sind.
In solchen Fällen besteht ein Anspruch auf die konkret Leistung.

 

C.        Konsequenzen:

1.      Wenn der öffentliche Träger der Jugendhilfe, keinen Bedarfskriterienkatalog aufgestellt hat, in dem die Bedarfskriterien (Vereinbarkeit von Familie und Beruf) maßgeblich berücksichtigt sind oder andere Kriterien verwendet, haben alle Betroffenen, die unter dieser Bedingung einen bedarfsgerechten Platz nachfragen, einen „Anspruch“ auf den gewünschten Platz!
 

2.      Der Anspruch auf einen Platz besteht in der Qualität, die nachgefragt wird und nicht danach, wie z.B. der Jugendhilfeträger einen „unabweisbaren Mindestbedarf“ decken will.
Insofern haben Eltern Anspruch auf die Förderung ihres Kindes durch Horte oder qualitativ vergleichbare Angebote!
 

3.      Der Bedarf auf die konkrete Leistung muss von den Berechtigten individuell gegenüber dem öffentlichen Jugendhilfeträger geltend gemacht werden, wobei dabei insbesondere darauf verweisen werden kann, dass Grundlagen geschaffen werden müssen, um die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbestätigkeit zu sichern.
 

4.      Zur Erfüllung des Anspruches nach § 24 SGB VIII-KJHG müssen die notwendigen Angebote geschaffen werden. Dazu zählt auch die Verpflichtung des Landes nach §§ 82 SGB VIII-KJHG auf einen gleichmäßigen Ausbau hinzuwirken und die Jugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Insofern darf das Land seine Unterstützung nicht in Frage stellen, wenn eine bundesgesetzlich zu erfüllende Verpflichtung der örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe besteht.

 

 

Textquellen: 

SGB I, Allgemeiner Teil 

§ 2 Soziale Rechte

(1) Der Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben dienen die nachfolgenden sozialen Rechte. Aus ihnen können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind.

(2) Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

§ 8 Kinder- und Jugendhilfe

Junge Menschen und Personensorgeberechtigte haben im Rahmen dieses Gesetzbuchs ein Recht, Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen. Sie sollen die Entwicklung junger Menschen fördern und die Erziehung in der Familie unterstützen und ergänzen.

§ 17 Ausführung der Sozialleistungen

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass

1.  jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und schnell erhält,

2.  die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen und

3.  der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke.

§ 38 Rechtsanspruch

Auf Sozialleistungen besteht ein Anspruch, soweit nicht nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über die Leistung nach ihrem Ermessen zu handeln.

§ 39 Ermessensleistungen

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

 

SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe

 § 24 Ausgestaltung des Förderungsangebots in Tageseinrichtungen

Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter sind nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht.

 § 80 Jugendhilfeplanung

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1. den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,

2. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und

3. die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend  zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

1. Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,

2. ein möglichst wirksames, vielfältiges und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,

3.  junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens‑ und Wohnbereichen besonders    gefördert werden,

4.  Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zweck sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

 

 

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Stand: 22.08.04