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Abschätzung

der (Brutto-) Einnahmeneffekte

öffentlicher Haushalte

und der Sozialversicherungsträger

bei einem Ausbau von Kindertageseinrichtungen

 

Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

 im Auftrag des

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

 

Inhaltsverzeichnis

Wesentliche Ergebnisse des Gutachtens

1.         Mögliche Steuer- und Sozialversicherungsmehreinnahmen                           

            über die Realisierung der Erwerbswünsche                                                      S.3

2.         Mögliche Einsparungen in der Sozialhilfe über die                                          

            Erwerbstätigkeit allein erziehender Mütter                                                         S.6

3.         Kinderbetreuung schafft Arbeitsplätze - Mögliche                                            

            Steuer- und Sozialversicherungsmehreinnahmen über

            zusätzliches Personal i. den Betreuungseinrichtungen                                     S.7

 

Berlin 2002

Das Gutachten wurde erstellt durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

 

Dry. C. Katharina Spieß

Dry. Jürgen Schupp Markus Grappa, MA.

Dry. Joh. P. Haisken-De New Heike Jakobeit

Prüf. Dry. Gert G. Wagner


 

Wesentliche Ergebnisse des Gutachtens

Datengrundlage für die Berechnungen zusätzlicher Steuer- und Sozialversicherungsmehreinnahmen durch einen Ausbau der Kinderbetreuung sind Stichproben des Sozia ökonomischen Panels (SOEP) für das Jahr 2000.

Diese Daten enthalten Informationen über Haushaltszusammensetzungen, Erwerbs- und. Familienbiographien, den Erwerbswunsch von Müttern, Erwerbsbeteiligung und berufliche Mobilität. Basis für die Abschätzungen sind die Informationen über Mütter, die nicht erwerbstätig sind, aber einen Erwerbswunsch äußern.

Die Untersuchung unterscheidet hier zwischen arbeitslos gemeldeten Müttern und Müttern der so genannten „Stillen Reserve". Diese wiederum teilt sich in Personen auf, die sofort oder innerhalb des nächsten Jahres wieder erwerbstätig sein möchten (Stille Reserve 1) und jene, die einen Wiedereinstieg innerhalb der nächsten zwei bis fünf Jahre planen (Stille Reserve II).

 

 

1. Mögliche Steuer- und Sozialversicherungsmehreinnahmen über die   

    Realisierung von Erwerbswünschen

Auf dieser Grundlage wurde für alle arbeitslosen Mütter und Mütter der Stillen Reserve ein potentielles Bruttojahreseinkommen geschätzt, das die Wünsche nach Voll- und Teilzeit, Ausbildung, Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit berücksichtigte. Die Ergebnisse erfassen die Steuermehreinnahmen sowie die Beitrags-Mehreinnahmen für die Sozialversicherungsträger auf der Basis der geschätzten Löhne. Es wurden die gültigen Beitragssätze der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung im Jahr 2000 unterstellt.

Die Untersuchung legt bei der Abschätzung zusätzlicher Einnahmen verschiedene Varianten zugrunde, von denen die folgenden beiden näher vorgestellt werden. Grundsätzlich wurden nur die Personen einbezogen, die tatsächlich eine Rückkehr in den Beruf wünschen.

 

  • Es werden die zusätzlichen Einkommensteuereinnahmen und die erhöhten Beitragseinnahmen der Sozialversicherungsträger für alle in Westdeutschland arbeitslos gemeldeten Mütter und Mütter in der Stillen Reserve 1 und II mit Kindern zwischen 'zwei und zwölf berechnet, deren Kind nicht ganztägig betreut wird.
  • Alternativ erfolgt eine Konzentration auf die akademisch ausgebildeten 'Frauen dieser Gruppe.


 

Ergebnisse bei einer Erwerbstätigkeit der Mütter mit

nicht ganztägig betreutem Kind

 

Das Abstellen dieser Variante auf die arbeitslosen Mütter und Mütter der Stillen Reserve mit nicht ganztägig betreutem Kind erfolgt beispielhaft, um die Auswirkungen zu veranschaulichen, die bestenfalls erreichbar sein werden, wenn diese Gruppe arbeitswilliger Frauen eine Anstellung erhalten könnte. Auf eine Unterscheidung nach einzelnen Berufsgruppen soll bewusst verzichtet werden.

 

Da die Erwerbswilligkeit von Müttern nach wie vor stark vom After ihres jüngsten Kindes abhängt, wurde zur Abschätzung potentieller Einnahmeeffekte typisierend eine Untergrenze für das jüngste Kind, von zwei Jahren und eine Obergrenze zwölf Jahren angenommen.

 

Die potentiellen Mehreinnahmen belaufen sich bei einer Erwerbstätigkeit der arbeitslosen Mütter (121.000)1, deren jüngstes Kind noch keine Ganztagsbetreuung in einer Kinder-tageseinrichtung nutzt, für die öffentliche Hand auf knapp 470 Millionen €, für die Sozial-versicherungsträger auf bis zu 700 Millionen €.

 

Die analoge Gruppe der Mütter in der Stille Reserve l (273.000) würde zusätzliche Steuereinnahmen von bis zu 1,1 Milliarden € und zusätzliche Beitragseinnahmen von bis zu 1,6 Milliarden € erwirtschaften, sofern alle erwerbstätig würden.

 

 

Eine Erwerbstätigkeit aller Mütter in der Stillen Reserve II (1.235.000) könnte knapp 4,4 Milliarden € zusätzliche Steuereinnahmen und bis zu 6,7 Milliarden € zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge pro Jahr einbringen.

 

Bei einer Erwerbstätigkeit aller drei Gruppen (1,6 Millionen) beliefen sich die zusätzlichen Steuermehreinnahmen der öffentlichen Haushalten auf bis zu 6 Milliarden €, während die Sozialversicherungsträger mit Mehreinnahmen von bis zu 8,9 Milliarden € im Jahr rechnen könnten. Es geht insgesamt also um einen Betrag von knapp 15 Milliarden E im Jahr. Um diese Variante zu realisieren, müssten alle zur Zeit nichterwerbstätigen Mütter mit Kindern ohne ganztägige Betreuung erwerbstätig werden.

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1 Die Zahl der (westdeutschen) arbeitslosen Frauen erweist sich u.a. deshalb als erstaunlich niedrig, weil    Mütter während der Elternzeit nicht arbeitslos gemeldet sind.


 

 

 

 

Ergebnisse bei einer Erwerbstätigkeit der Akademikerinnen mit nicht ganztägig betreutem Kind

 

Vor allem für die Akademikerinnen sind angesichts eines Fachkräftemangels die Chancen gut, ihre Erwerbswünsche zu realisieren. Die potentiellen Mehreinnahmen belaufen sich bei einer Erwerbstätigkeit der arbeitslosen Akademikerinnen (19.000), deren jüngstes Kind noch keine Ganztagsbetreuung in einer Kindertageseinrichtung nutzt, für die öffentlichen Hand auf rd.. 160 Millionen €, für die Sozialversicherungsträger auf rd. 200 Millionen €.

Die analoge Gruppe der Akademikerinnen in der Stille Reserve I (40.000) würde zusätzliche Steuereinnahmen von rd. 350 Millionen € und zusätzliche Beitragseinnahmen von rd. 420 Millionen € erwirtschaften, sofern alle erwerbstätig würden.

Eine Erwerbstätigkeit aller Akademikerinnen in der Stillen Reserve II (89.000) könnte rd. 630 Mio. € zusätzliche Steuereinnahmen und rd. 770 Millionen € zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge pro Jahr einbringen.

Bei einer Erwerbstätigkeit aller drei Gruppen (148.000) beliefen sich die zusätzlichen Steuermehreinnahmen der öffentlichen Haushalten auf rd. 1,1 Milliarden €, während die Sozialversicherungsträger mit Mehreinnahmen von rd. 1,4 Milliarden € im Jahr rechnen könnten. Es geht insgesamt also um einen Betrag von 2,5 Milliarden € im Jahr, wenn alle zur Zeit nicht erwerbstätigen Akademikerinnen mit Kindern ohne ganztägige Betreuung erwerbstätig werden.

 

2. Mögliche Einsparungen In der Sozialhilfe über die Erwerbstätigkeit allein erziehender Mütter

Die Berechnungen möglicher Einsparungen über die Erwerbstätigkeit Sozialhilfe beziehender Mütter basiert auf Stichproben der Sozialhilfeempfängerstatistik des Jahres 1997. In das Gutachten wurden nur die allein erziehenden Mütter mit Kindern unter 13 aufgenommen. Es ist bekannt, dass gerade allein erziehende Mütter große Anstrengungen unternehmen, um aus dem Sozialhilfebezug herauszukommen.

Werden ihnen geeignete Betreuungsmöglichkeiten angeboten, ist in hohem Maße mit der Aufnahme einer Berufstätigkeit zu rechnen.

1997 bezogen in Westdeutschland insgesamt 244.000 allein erziehende Mütter mit Kindern unter 13 Jahren Sozialhilfe. Unterschieden nach dem After des jüngsten Kindes hatten 53 der Mütter Kinder im Schulalter, 32 % Kinder im Kindergartenalter und 15 % Kinder im Alter von unter 3 Jahren.

Die Ausgaben für diese Mütter wurden nach der Anzahl der Kinder und nach deren Alter aufgeschlüsselt. Das Einsparpotential liegt für den Fall der Erwerbstätigkeit der Mütter insgesamt bei rd. 1,5 Milliarden €. Dabei entfielen auf die Gruppe der Mütter mit Kindern im Krippenalter annähernd 240 Millionen €, für die mit Kindern im Kindergartenalter annähernd 500 Millionen € und für die mit einem jüngsten Kind im Hortalter bis zu 790 Millionen € im Jahr.

 

 

Geht man davon aus, dass Mütter mit einem Schulabschluss eher eine Erwerbstätigkeit finden werden, würden sich für die öffentlichen Haushalte im Bereich der Sozialhilfe rd. 580 Millionen € an Einsparungsmöglichkeiten ergeben. Unterschieden nach dem Alter des jüngsten Kindes bedeutet dies: Der Ausbau des Krippenbereichs brächte rd. 170 Millionen €, der Ausbau des Kindergartenbereichs rd. 310 Millionen € und der Ausbau des Hortbereichs annähernd 100 Millionen € an Einsparungen.

Schließlich berechnet das Gutachten mögliche Einsparungen im Bereich der Sozialhilfe für die Mütter, die ihre Nichterwerbstätigkeit mit „häuslicher Bindung" begründen und infolge des Kita-Ausbaus dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden.

Wenn diese Mütter mit Kleinstkindern einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wären, hätten sich Einsparungen in Höhe von rd. 130 Millionen € ergeben. Bei Müttern mit Kindern im Kindergartenalter wäre ein Betrag in Höhe von rd. 290 Millionen € möglich gewesen. Bei Müttern mit Hortkindern hätten Einsparungen in der Höhe von 370 Millionen € erzielt werden können. In der Summe beliefen sich die Einsparungen der öffentlichen Haushalte im Bereich der Sozialhilfe durch den Ausbau von Kindertageseinrichtungen bei einer gleichzeitigen Erwerbstätigkeit der Mütter auf 790 Millionen €.

                   

 

3. Kinderbetreuung schafft Arbeitsplätze - Mögliche Steuer- und Sozialversicherungs­mehreinnahmen über zusätzliches Personal in den Betreuungseinrichtungen

Eine quantitativ ausreichende und qualitativ gute Kinderbetreuung in Deutschland schafft Arbeitsplätze. Die Untersuchung des DIW hat deshalb mögliche Einnahmen über den Ausbau des Personals in westdeutschen Kindertageseinrichtungen abgeschätzt. Anhand der SOEP-Daten konnten für alle arbeitslosen Mütter und die Mütter der Stillen Reserve die Anzahl ihrer Kinder errechnet werden, die einen Betreuungsbedarf hätten, sofern die Mutter erwerbstätig wären. Wiederum wurde nach drei Altersgruppen der Kinder unterschieden. Der tatsächliche Bedarf an Vollzeitkräften in Krippen, Kindergarten und Horten wurde anhand eines Betreuungsschlüssels, der die durchschnittliche Zahl der verfügbaren Plätze je Vollzeitstelle regelt, berechnet. Im Hortbereich orientiert sich die Berechnung an durchschnittlichen Personalstandards.

Zusätzlich geht die Berechnung von der Annahme aus, dass die Mütter ihre Kinder in Kindertagesstätten betreuen lassen und keine anderen Betreuungsformen wie Tagesmütter wählen. Zweitens setzt sie voraus, dass auf dem Arbeitsmarkt ausreichend Fachkräfte aus dem sozialpädagogischen Bereich zur Verfügung stehen.

Nach 'einer Berechnung der Kinder erwerbswilliger Mütter ohne ganztägige Betreuung konnte die Anzahl der benötigten Fachkräfte ermittelt werden.

Demzufolge gibt es für die Kinder der arbeitslos gemeldeten Mütter einen Bedarf bis zu 13.089 Fachkräften, für die Kinder der Mütter in der Stillen Reserve 1 einen Bedarf bis zu 55.775 Fachkräften und für die Kinder der Mütter in der Stillen Reserve Il einen Bedarf bis zu 360.776 Fachkräften. In der Summe sind dies bis zu 429.640 Fachkräfte, die für einen bedarfsgerechten Ausbau der Krippen, Kindergärten und Horte benötigt würden.

Würden die Kinder der vormals arbeitslosen Mütter in einer Kindertagesstätte betreut, ergäben sich mit der Einstellung dieser zusätzlichen Fachkräfte rd. 39 Millionen E an möglichen Steuermehreinnahmen. Die Fachkräfte, die zur Betreuung der Kinder von Müttern der Stillen Reserve 1 eingestellt würden, erwirtschafteten rd. 127 Millionen €, im Bereich der Stillen Reserve II wären dies rd. 1,1 Milliarden €. Insgesamt beträgt das Potential an möglichen Steuermehreinnahmen rd. 1,2 Milliarden €.

Dementsprechend sehen die zusätzlichen Beitragseinnahmen der Sozialversicherungsträger folgendermaßen aus. Für den Fall der Erwerbstätigkeit de( arbeitslosen Mütter beliefen sich die Beitragseinnahmen der zusätzlich eingestellten Fachkräfte auf rd. 130 Millionen €, bei der Stillen Reserve I auf rd. 570 Millionen €, bei der Stillen Reserve II auf rd. 3,7 Milliarden €. Insgesamt ergäben dies rd. 4,4 Milliarden € zusätzliche Beitragseinnahmen der Sozialversicherungs-träger.

Insgesamt bewegen sich die möglichen Mehreinnahmen durch den Ausbau der Kindertageseinrichtungen sowohl im Bereich der Einkommensteuer als auch im Bereich der Sozialversicherung in Milliardenhöhe.

Die Wirkungen des Ausbaus der Kindertagesbetreuung sind stark von der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes abhängig. Das Gutachten erlaubt es, Wirkungen alternativer Annahmen je 1.000 Personen aufzuzeigen: